- Nehru
- Nehru,1) Jawaharlal, indischer Politiker, * Allahabad 14. 11. 1889, ✝ Delhi 27. 5. 1964, Sohn von 2); aus einer Brahmanenfamilie Kaschmirs, führte den Titel »Pandit« (»Gelehrter«). Seit 1905 in Großbritannien, studierte er 1907-10 Naturwissenschaften in Cambridge, 1910-12 Jura in London; kehrte nach Indien zurück, wurde 1912 Mitglied des Indischen Nationalkongresses (INC) und war seit 1916 als Anwalt in Allahabad tätig.Im Rahmen der 1916 entstandenen »Home Rule League« (»Liga für Selbstregierung«) engagierte er sich für die Unabhängigkeit Indiens. Er wurde stark beeinflusst von den Ideen Mahatma Gandhis, dem er 1916 erstmals begegnete. Im Zusammenhang mit der (ersten) von Gandhi eingeleiteten Kampagne des zivilen Ungehorsams (1920-22) wurde Nehru 1921 verhaftet. 1923-25 und 1927-29 war er Generalsekretär des INC; 1929 wurde er dessen Präsident. Unter dem Eindruck der Not der indischen Landbevölkerung wandte er sich sozialistischen Vorstellungen zu, ohne sich einer bestimmten Ideologie zu verpflichten. 1930 nahm er an der (zweiten) Kampagne des zivilen Ungehorsams teil, war 1930-35 (mit Unterbrechungen) in Haft, während der er eine Autobiographie (erschienen 1936; deutsch »Indiens Weg zur Freiheit«) und die Briefe an seine Tochter Indira Gandhi schrieb. 1936 wurde er wieder Präsident des INC.Nach dem Scheitern von Verhandlungen inhaftierte die britisch-indische Regierung 1942 Gandhi, Nehru und andere Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung. 1945 wurde Nehru freigelassen, 1946 wieder zum Kongresspräsidenten gewählt (1951-54 erneut in dieser Funktion).1946 beauftragten ihn die Briten mit der Bildung einer Interimsregierung. Nach der Teilung des indischen Subkontinents (August 1947) war er 1947-64 der erste Premierminister und Außenminister des mehrheitlich von Hindus bewohnten unabhängigen Indien. Während sich Gandhi in seinen politischen Kampagnen an den traditionellen Werten der indischen Kultur orientierte, ließ sich Nehru auch von westlich-europäischen Ideen leiten; Demokratie und Sozialismus, staatliche Einheit und Säkularität des Denkens waren die Richtpunkte seiner Innen- und Gesellschaftspolitik. Die Lage der Armen sollte verbessert, die Kastenlosen sollten in die Gesellschaft eingegliedert werden. In Auseinandersetzung v. a. mit den indischen Fürsten setzte seine Regierung eine neue föderative Ordnung durch (Verfassung der »Indischen Union« von 1949/50). Von Anfang an begleitete der indisch-pakistanische Konflikt um Kaschmir seine Regierungstätigkeit. Nach dem freiwilligen Rückzug Frankreichs aus seinen indischen Besitzungen (bis 1954) ließ Nehru 1961 die portugiesischen Kolonien Goa, Daman und Diu besetzen. In seiner Außenpolitik trat er für die Blockfreiheit Indiens ein und verfocht das Prinzip der friedlichen Koexistenz. Mit Zhou Enlai, Sukarno und Nasser prägte er die Bandungkonferenz (1955) und wurde zu einem Wortführer der Dritten Welt. Die militärische Niederlage Indiens im Grenzkonflikt mit China (1962) führte innenpolitisch zu scharfer Kritik v. a. an seiner Verteidigungspolitik.Ausgabe: The philosophy of Mr. Nehru (1966).W. R. Crocker: N. A contemporary's estimate (London 21967);B. N. Pandey: N. (ebd. 1976);R. C. Dutt: Socialism of J. N. (Neu Delhi 1981);S. Gopal: J. N. A biography, 3 Bde. (London 2-41983-85);B. R. Nanda: Die Nehrus. Motilal u. Jawaharlal (a. d. Engl., 1986);G. Bonn: N. Annäherungen an einen Staatsmann u. Philosophen (1992).2) Motilal, indischer Politiker, * Delhi 6. 5. 1861, ✝ Lucknow 6. 2. 1931, Vater von 1); Rechtsanwalt; schloss sich dem Indischen Nationalkongress an. Er beteiligte sich an den Kampagnen des zivilen Ungehorsams. 1928 legte er den Entwurf einer Verfassung für ein unabhängiges Indien auf der Basis eines Dominionstatus vor.Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Indien: Die Teilung des indischen Subkontinents nach dem Zweiten Weltkrieg
Universal-Lexikon. 2012.